Von: Constanze Nagy
Betreff: Geduld erbeten
Liebe Redaktion,
„Ist der Verkehr in Ihrem Land auch so verrückt?“ fragte mich ein Taxi-Fahrer, als wir uns im Schritttempo auf einer vierspurigen Straße Downtown Kairo näherten. Definitiv nicht! Ein Grund dafür könnte sein, dass der Großraum Kairo weit mehr als doppelt so viele EinwohnerInnen (zzgl. ihrer Transportmittel!) zählt als ganz Österreich. Das Stadtgebiet Al-Qhiras („Die Starke“), wie die Hauptstadt Ägyptens auch heißt, hat offiziell 10,2 Millionen EinwohnerInnen. Diese größeren Dimensionen erfordern ein dementsprechendes Mehr an Geduld.
Nicht nur der Straßenverkehr, auch die Woche läuft anders ab. Wie in den meisten islamischen Ländern ist der Freitag arbeitsfrei. Früher begann das Wochenende am Donnerstag und am Samstag wurde gearbeitet, dann wurde es umgekehrt, um mit der nicht-islamischen Geschäftswelt einen Werktag mehr gemein zu haben. Die neue Woche fängt also Sonntag Früh an: Das ist auch der beste Zeitpunkt, um Amtsbesuche zu erledigen. Um mein Visum zu verlängern, musste ich ins Amtsgebäude Mogamma, das größte des Landes. Nicht nur wegen der chaotischen Bürokratie nennen es viele mehr oder weniger liebevoll auch „Irrenhaus“: Gänge, Zahlen, Nummern. Ich werde den Aufruf „meiner“ Zahl nach langem Warten nicht so schnell vergessen …
„Hier braucht man definitiv mehr Geduld“, antwortete ich dem Fahrer. Er lachte und erwiderte: „Für mehr Geduld bete ich jeden Tag!“
Grüße, Constanze
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